Newsletter November 2021

Liebe Freund*innen, Unterstützer*innen und Interessierte,


draußen ist es neblig und kalt, die Buden für den Weihnachtsmarkt werden aufgebaut und überall erinnert uns blinkende Werbung daran, endlich Weihnachtsgeschenke zu kaufen… kurz gesagt: der Winter steht vor der Tür und mit ihm, zu unser aller Überraschung (Vorsicht Ironie), die inzwischen 4. Welle der Corona-Pandemie. Der Hauptgrund dürfte bekannt sein, ein zu großer Anteil der Bevölkerung verweigert sich der Impfung (und damit der Realität) und schert sich einen Scheiß um die Gesundheit von vorerkrankten oder älteren Mitmenschen, Kolleg*innen, Angehörigen, teilweise sogar den bspw. im Heim oder Krankenhaus anvertrauten Menschen und Patient*innen. Am Samstag soll es wohl auch eine Demonstration gegen sämtliche Pandemiemaßnahmen und insbesondere Impfungen geben, wir rufen natürlich auf zur Gegenkundgebung! Diese richtet sich gegen die Verharmlosung der tödlichen Pandemie und startet am 13.11. um 15:30 auf dem Platz der alten Synagoge.


Während diskutiert wird, ob eine aggressive und unsolidarische Minderheit der Mehrheit wieder einen Lockdown aufzwingen kann, wie lange man die Normalversorgung in den Kliniken noch aufrechterhalten kann oder welche anderen Maßnahmen es geben könnte gehen wieder die gleichen Schlagwörter durch die Medien wie in den Zug „Wellen“: Intensivkapazitäten, R-Wert, Inzidenzzahlen usw… Aber es gibt doch auch einige Unterschiede: zum Beispiel wird nicht mal mehr geklatscht für uns, die weiterhin mit Einspringen, Überstunden und Unterbesetzung das Gesundheitssysytem am Laufen halten. Prominente Forderungen nach mehr Anerkennung oder gar Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind auch quasi nicht mehr vorhanden. Wenn der Glaube daran, dass sich an den menschenunwürdigen Bedingungen noch etwas ändern wird, zunehmend schwindet, schwindet auch die Bereitschaft unter Kolleg*innen, einfach weiterzumachen. Insgesamt steht uns heute weniger Personal auf Intensivstationen zur Verfügung als vor einem Jahr was vor allem daran liegt, dass Kolleg*innen frustriert ihre Arbeitszeit reduzieren oder ganz kündigen weil sie schlicht nicht mehr können. Die zahlreichen Sonntagsreden der Politiker*innen die von Anerkennung und Solidarität gesprochen haben, haben sich, wie schon so häufig, als leere Worthülsen entpuppt. Sogar konservative Leitmedien alarmieren über die Zustände auf Intensivstationen, es klingt fast wie ein Eingeständnis, dass der Markt eben doch nicht alles regelt.


Mut machen in diesen Zeiten vor allem die streikenden Kolleg*innen in Berlin, NRW und natürlich Südbaden. Erstere haben sich nämlich verständlicherweise nicht auf die Politik verlassen und brav gewartet, dass sich schon was verbessern wird sondern haben ihre Forderungen selbstbewusst in einem 4-wöchigen (!!!) Erzwingungsstreik durchgesetzt. Schwerpunkt war neben mehr Personal und besserer Bezahlung auch die Eingruppierung von Berufsgruppen wie Reinigung, Küche und Transport welche durch Outsourcing mit Dumpinglöhnen abgespeist wurden. Ähnliches passiert gerade in den Uniklinika in NRW, dort ist der Tarifkampf in vollem Gange. Und wie leider fast immer stehen die ärztlichen Direktoren auf der Seite des Kapitals und behaupten, der Streik gefährde Patient*innen. Alle, die Einblicke in die Krankenhäuser haben müssen doch wissen, dass es der Normalzustand ist, der Patient*innen gefährdet und wir gerade auch für diese Patient*innen streiken… Und in Südbaden wird auch gestreikt! Im Vergleich zu anderen Ländern mag der TV-L (Tarifvertrag der Länder) insbesondere im Gesundheitssystem nicht so groß sein, das soll die Leistung der Beschäftigten in den Zentren für Psychiatrie, beispielsweise in Emmendingen, aber natürlich nicht schmälern. Für alle die supporten wollen: In Freiburg ist für den 24.11. eine Demo angesetzt, Treffpunkt ist um 11:00 am Gewerkschaftshaus.


Ein Blick über die Grenzen ist leider wie immer ernüchternd bis erschreckend. Die europäische Flüchtlingspolitik bleibt weiter menschenfeindlich, neben den bekannten Schauplätzen Mittelmeer, Libyen, griechische Inseln usw. kommt aktuell die polnisch-belarussische Grenze hinzu. Informationen und Spendenmöglichkeiten bieten unsere Freund*innen von medico international.  Die deutsche Bundesregierung, die zu Hause dazu aufruft, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen müssen verhindert weiterhin, dass die Pandemie weltweit bekämpft werden kann. Noch-Kanzlerin Merkel stand dabei stets fest an der Seite von Biontech und Co während sogar die USA und Frankreich für die Aufhebung der Patente stehen. Wie sich die neue Bundesregierung verhalten wird ist bisher offen.


Danke fürs Durchhalten, sowohl beim lesen des Newsletters als auch bei der Schicht im Altenheim / Notaufnahme / Pflegedienst / Praxis / Krankenhaus usw. Unsere Solidarität geht an alle streikenden Kolleg*innen, haltet zusammen! Wie immer gilt: bleibt solidarisch, organisiert euch und lasst euch und andere impfen.

Winterliche Grüße
Euer Netzwerk